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9. Jazz-Stile: 1900-1940 --- FÜR DIE SCHULE ERKLÄRT


Die ersten Schallplatten, die als Jazz verkauft wurden, präsentierten Musik aus New Orleans. Daher wird der erste Jazz-Stil als New-Orleans-Jazz bezeichnet. Er gilt als primär afro-amerikanische Musik. Die Variante der „weißen“ Musiker wird oft Dixieland-Jazz genannt. Auch wird oft von Old Time Jazz gesprochen. Die ersten Jazz-Aufnahmen wurden ab 1917 gemacht und es wird angenommen, dass diese Musikart um 1900 entstand. [Mehr dazu: Link und Link] Als Merkmal des New-Orleans-Jazz gilt die so genannte Kollektivimprovisation. Damit ist ein ineinander verwobenes Spiel von Blasinstrumenten gemeint – meistens von Trompete (oder Kornett), Klarinette und Posaune. Die Trompete spielt die Melodie des Songs und wandelt sie dabei oft ein wenig ab. Die Klarinette umspielt die Song-Melodie und schmückt sie aus. Die Posaune bildet mit wenigen Tönen ein rhythmisches und harmonisches Fundament und wirft manchmal kurze Verzierungen ein. [Mehr dazu: Link und Link]

Um dieses Zusammenspiel in den alten Aufnahmen zu erkennen, müssen einem erst einmal die Klänge der Instrumente ein wenig vertraut sein. Im folgenden Beispiel hört man abwechselnd Trompete und Klarinette.

          HÖRBEISPIEL: Louis Armstrong: Ory's Creole Trombone (1927)

Im nächsten Ausschnitt ist die Posaune gut zu hören:

          HÖRBEISPIEL: Louis Armstrong: Ory's Creole Trombone (1927)

Zusammen erzeugen diese drei Instrumente die typische Kollektivimprovisation von New Orleans.

          HÖRBEISPIEL: Bunk Johnson: Panama (1942)

Als bedeutende Vertreter des New-Orleans-Jazz nennen die Schulbücher: Joe „King“ Oliver [Mehr zu Oliver: Link], Louis Armstrong [Mehr zu Armstrong: Link und Link], Jelly Roll Morton [Mehr zu Morton: Link] und für die „weiße“ Dixieland-Variante die Original Dixieland Jazz Band [Mehr zu dieser Band: Link].

Um 1917 verschlechterten sich in New Orleans die Auftrittsmöglichkeiten für Jazz-Musiker und so machten sich viele von ihnen auf den Weg in andere Teile der USA. In den Städten des Nordens, besonders in New York und Chicago, bestanden bereits große afro-amerikanische Arbeiterviertel aus Zuwanderern, die die Südstaaten wegen der extremen Diskriminierung verlassen hatten. In diesen Vierteln fanden die Musiker neue Arbeit. Im afro-amerikanischen Viertel von Chicago entwickelte sich um 1920 eine besonders lebhafte Szene von Musikern aus New Orleans. Joe „King“ Oliver und Louis Armstrong gehörten zu ihnen und hier in Chicago konnten sie auch ihre ersten Schallplattenaufnahmen machen. Louis Armstrong war ein hervorragender Solist, der brillante Melodien erfand. Ab 1926 verdrängte er mit seinen Soli zunehmend die Kollektivimprovisation. [Mehr dazu: Link] Heiße, jazzige Soli wurden nun allgemein gefragt. In den Schulbüchern wird das als neuer Jazz-Stil verstanden: als Chicago-Jazz. Als Merkmal gelten längere Soli – im Gegensatz zur Kollektivimprovisation des New-Orleans-Jazz. Louis Armstrong war der wichtigste Vertreter dieses Stils. Im folgenden Beispiel hört man zunächst 9 Sekunden lang Kollektivimprovisation und dann ein Solo von Louis Armstrong.

          HÖRBEISPIEL: Louis Armstrong: Hotter Than That (1927)

In Chicago gab es damals eine Clique junger „weißer“ Musiker, die regelmäßig in das afro-amerikanische Viertel fuhren, um dort ihre großen Vorbilder aus New Orleans spielen zu sehen. Die Musiker aus New Orleans nannten sie „Alligatoren“, weil sie ihre Musik verschlangen, nachahmten und dann als „Weiße“ besserbezahlte Jobs bekamen als sie selbst. Die Musik dieser „weißen“ jungen Leute wird ebenfalls zum Chicago-Jazz gezählt. Der Kornettist Bix Beiderbecke war der Angesehenste von ihnen. Vor allem für liebliche Soli mit einem Einfluss aus der „klassischen“ Musik wurde er bekannt. [Mehr dazu: Link] Im folgenden Beispiel hört man nach seinem Solo eine Kollektivimprovisation in der Art dieser Musiker.

          HÖRBEISPIEL: Frankie Trumbauer: Singin‘ the Blues (1927) Kornett-Solo: Bix Beiderbecke

Einer der jungen „weißen“ Musiker, die in das afro-amerikanische Viertel von Chicago fuhren, war manchmal der Klarinettist Benny Goodman. Der wurde später, nach 1935, zu einem internationalen Star, und zwar mit einer Bigband-Musik, die Swing genannt wurde. Auch diese Musik war von Afro-Amerikanern entwickelt worden, vor allem von Fletcher Henderson und Duke Ellington. Benny Goodman spielte eine verwässerte Form davon – wie schon die Dixieland-Bands vom New-Orleans-Jazz. Der Swing wird als weiterer Jazz-Stil betrachtet. [Mehr dazu: Link] Als sein Hauptmerkmal gilt, dass er von Bigbands gespielt wird. Die Tanzsäle waren größer als in New Orleans und daher brauchte es mehr Musiker, um sie mit Musik zu füllen. Denn Verstärkeranlagen hatten die Bands damals noch nicht. Blasinstrumente standen im Vordergrund. Sie sind laut und ausdrucksstark.

Die Bigbands sind gegliedert in

  1. die Brass-Section (die Gruppe der Blechblasinstrumente: Trompeten und Posaunen)
  2. die Reed-Section (die Gruppe der Holzblasinstrumente: Saxofone und Klarinetten)
  3. die Rhythm-Section (die Rhythmusgruppe: Klavier, Gitarre, Kontrabass und Schlagzeug)

Bei einer größeren Band muss das Zusammenspiel mehr geplant werden – durch so genannte Arrangements. Sie legen die einzelnen Parts der Instrumente fest. Die Arrangements können in Notenschrift verfasst sein oder die Musiker haben sie einfach im Kopf. Dann werden sie Head-Arrangements genannt.

Oft spielt im Vordergrund ein Solist auf einem Blasinstrument und er wird von anderen Bläsern mit so genannten Riffs begleitet. Das sind kurze melodische Figuren, die ständig wiederholten werden. Im folgenden Ausschnitt hört man ein Klarinetten-Solo, das mit Riffs begleitet wird.

          HÖRBEISPIEL: Count Basie: Texas Shuffle (1938)

Typisch für Swing-Bigbands ist auch Call-and-Response, also Ruf-und-Antwort, zwischen den Bläsergruppen.

          HÖRBEISPIEL: Count Basie: Doggin' Around (1938)

In manchen Schulbüchern wird als Merkmal des Swing-Stils auch der Walking-Bass erwähnt. Gemeint ist ein gleichmäßiger Puls, der durch Zupfen des Kontrabasses auf allen vier Beats erzeugt wird. [Mehr dazu: Link]

          HÖRBEISPIEL: Count Basie: Cherokee (1939)

Neben Benny Goodman werden in Schulbüchern die Afro-Amerikaner Count Basie und Duke Ellington als Bandleader des Swing genannt. Die waren musikalisch viel bedeutender als Benny Goodman, aber wesentlich weniger erfolgreich als Goodman und andere „weiße“ Orchesterchefs. [Mehr dazu: Link] Schulbücher erwähnen auch den „weißen“ Bigband-Leiter Glenn Miller, der sehr populär war. Seine Musik hat allerdings nur relativ wenig Jazz-Charakter.

          HÖRBEISPIEL: Glenn Miller: In The Mood (1939)

Duke Ellington passte mit seinem künstlerischen Anspruch nie in das Swing-Klischee. Die tanzorientierte Musik von Count Basie schon eher, aber sie war viel vitaler als der meiste populäre Swing. Count Basies Musik kam aus Kansas City und war vollgepackt mit Blues-Elementen, starkem Swing-Feeling und lebendigen Improvisationen. [Mehr dazu: Link] Manche Schulbücher sehen nach dem Swing einen eigenen Stil vor, den sie „Kansas-City-Jazz“ nennen. Count Basies Musik ist ein Beispiel dafür. Diese Musik gab es in Kansas City allerdings schon, bevor Benny Goodman 1935 die populäre Swing-Welle auslöste.

          HÖRBEISPIEL: Bennie Moten: Prince Of Wails (1932)

Im nächsten Video geht es mit den 1940er Jahren weiter.

Mehr zu den Jazz-Stilen findet man auch auf meiner Website. [Link] Links stehen im Video-Text.

Jazz-Stile 1940-1960: Link

 

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